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Kinder & Medikamente: Diese gefährlichen Fehler sollten Eltern vermeiden

Linda Künzig
Linda Künzig
Aktualisiert am 24. März 2025

Stellen Sie sich vor: Ihr Kind bekommt plötzlich Fieber oder schlimme Bauchschmerzen. Instinktiv suchen Sie in der Hausapotheke nach Hilfe. Ein Schmerzmittel mit schneller Wirkung wäre gut, ebenso ein Hustensaft oder etwas gegen Übelkeit. Das sollte helfen, oder? Doch genau hier lauern gefährliche Stolperfallen. Bestimmte Medikamente sind für Erwachsene ungefährlich, doch sie verursachen bei Kindern starke Nebenwirkungen oder sogar Vergiftungen. Andere sind nur in der richtigen Dosierung und mit Bedacht sinnvoll. Damit Sie im Notfall richtig handeln, sehen wir uns an: Welche Inhaltsstoffe sind für Kinder komplett verboten? Und welche helfen mit Vorsicht? Wie beugen Eltern am besten vor?

 

Inhaltsverzeichnis

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen

Gefährliche Hausapotheke: Diese freiverkäuflichen Wirkstoffe sind für Kinder tabu!

Achtung Überdosierung: 5 Wirkstoffe, die Sie kennen sollten

Cremes, Salben und Lotionen – nicht immer harmlos

Die richtige Darreichungsform macht den Unterschied

Dank sicherer Aufbewahrung Gefahren minimieren

Kinder richtig über Medikamente informieren: Wissen schützt vor Risiken

Falsche Medikation oder Dosierung? So handeln Eltern richtig

Fazit

 

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen

Um zu verstehen, weshalb Kinder bestimmte Medikamente schlecht vertragen oder anders reagieren, hilft ein Blick auf die Funktionsweise des kindlichen Körpers. Denn er unterscheidet sich in mehreren wichtigen Punkten von dem eines Erwachsenen:

  • Kinder wiegen weniger, haben aber im Verhältnis mehr Körperoberfläche. Das beeinflusst die Verteilung von Medikamenten in ihrem Körper.
  • Auch der Stoffwechsel von Kindern ist noch nicht ausgereift. Sie verarbeiten Arzneistoffe deshalb anders und benötigen angepasste Dosierungen.
  • Und auch das Hormonsystem entwickelt sich noch.
  • Die Blut-Hirn-Schranke – sie schützt das Gehirn vor schädlichen Substanzen – ist nicht vollständig ausgebildet. Das verändert die Wirkung von Medikamenten zusätzlich.

 

Die Medikation muss daher genau auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt sein.

 

Vergiftungen bei Kindern: Die größten Gefahren

Jedes Jahr müssen rund 6.500 Kinder und Jugendliche wegen einer Vergiftung im Krankenhaus behandelt werden – in einigen Fällen mit tödlichem Ausgang. Die Symptome wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall sind nicht immer eindeutig, was die Gefahr besonders für Säuglinge und Kleinkinder erhöht. Am häufigsten führen Medikamente, Putzmittel, giftige Pflanzen und Pilze zu Vergiftungen. Seltener sind Alkohol, Tabak, Drogen, Kosmetika oder Knopfzellen die Ursache.

 

Gefährliche Hausapotheke: Diese freiverkäuflichen Wirkstoffe sind für Kinder tabu!

Nicht jedes für Erwachsene zugelassene Medikament ist auch für Kinder sicher. Einige freiverkäufliche Arzneimittel sind für Babys und Kinder absolut kontraindiziert, da sie schwere Nebenwirkungen haben. Daher gilt: Geben Sie Ihrem Kind nur Medikamente, die ausdrücklich für sein Alter geeignet sind.

 

Kategorie

Wirkstoff

Gefahren / Kontraindikationen

Altersgrenze

Schmerzmittel & Fiebersenker

Acetylsalicylsäure (ASS, z. B. Aspirin®)

Risiko für das Reye-Syndrom (lebensbedrohlich), besonders bei fieberhaften Infekten

Bis 12 Jahre kontraindiziert

 

Diclofenac (z. B. Voltaren®)

Epileptische Krampfanfälle, Abdominalschmerzen, Übelkeit und Erbrechen

 

Tabletten/Zäpfchen für Kinder unter 14 Jahren ungeeignet, zum Auftragen auf die Haut ebenfalls erst ab 14 Jahren empfohlen

Erkältungs- & Hustenmittel

Menthol & Kampfer (z. B. Erkältungssalben, Inhalationsmittel)

Risiko für Atemnot und Kehlkopfkrämpfe, besonders bei Säuglingen

Für Säuglinge kontraindiziert

 

Dextromethorphan (z. B. Hustenstiller)

Risiko für Atemdepression und Vergiftungen

Unter 6 Jahren nicht geeignet

 

Ephedrin, Pseudoephedrin, Phenylephrin (z. B. in Nasensprays, Erkältungsmitteln)

Blutdruckanstieg, Herzrasen und Krampfanfälle

Für Kleinkinder nicht empfohlen

Magen-Darm-Mittel

Loperamid (z. B. Imodium akut®)

Gefahr von Atemdepression & Darmlähmung

Unter 12 Jahren nicht erlaubt

 

Natriumhydrogencarbonat (z. B. Bullrich-Salz®)

Risiko für Stoffwechselstörungen (Alkalose) und Natriumüberladung

Für Kleinkinder nicht empfohlen

 

Achtung Überdosierung: 5 Wirkstoffe, die Sie kennen sollten

Eltern sollten wissen, dass „freiverkäuflich“ nicht automatisch „harmlos“ bedeutet. Schon geringe Überdosierungen mancher rezeptfreier Wirkstoffe können bei Kindern lebensbedrohlich sein. Daher ist eine präzise Anwendung unerlässlich:

 

Kategorie

Wirkstoffe

Risiken bei Überdosierung

Hinweise

 

Abschwellende Nasentropfen

Xylometazolin, Oxymetazolin

Krampfanfälle, Atemnot bis zum Koma

Einige dieser Wirkstoffe sind auch für kleine Kinder zugelassen. Es ist jedoch wichtig, die Dosierungsempfehlungen genau zu befolgen. Zudem ist die Anwendung auf maximal eine Woche zu begrenzen.

Antihistaminika gegen Übelkeit und Erbrechen

Dimenhydrinat, Diphenhydramin

Krampfanfälle, Herzrhythmus- und Atemstörungen, in schweren Fällen tödlich

Besonders gefährlich für Kinder unter 3 Jahren. Die vorgeschriebene Dosierung darf keinesfalls überschritten werden.

Schmerzmittel und Fiebersenker

Paracetamol, Ibuprofen

Leberschäden (Paracetamol), Nierenversagen, Magen-Darm-Blutungen, Krampfanfälle (Ibuprofen)

Besonders riskant bei versehentlicher Doppelgabe (z. B. Saft + Zäpfchen). Paracetamol ist schon in kleinen Mengen für Kinder gefährlich. Die toxische Dosis beträgt etwa 150 mg pro Kilogramm Körpergewicht.

Zahnungsgels mit Lokalanästhetika

Lidocain

Krampfanfälle, Herzrhythmusstörungen, Atemdepression

Lidocain-haltige Zahnungsgels bergen bei versehentlichem Verschlucken Gefahren. In den USA raten Experten von der Anwendung bei Säuglingen und Kleinkindern ab. Alternative: Kühlen oder sanftes Massieren des Zahnfleischs mit geeigneten Beißringen.

 

Cremes, Salben und Lotionen – nicht immer harmlos

Nicht nur Arzneimittel zur innerlichen Anwendung bergen Risiken. Auch Cremes, Salben und Lotionen sollten mit Bedacht zum Einsatz kommen. Die Anwendung auf der Haut verführt dazu, die Aufnahme problematischer Stoffe ins Blut zu unterschätzen. Das kann besonders bei Kindern zu Komplikationen führen – ihre Haut ist dünner und nimmt Stoffe leichter auf. Daher lohnt ein genauer Blick auf die Bestandteile in Pflegeprodukten und Arzneimitteln zur äußeren Anwendung:

  • Betäubende Wirkstoffe wie Benzocain, Lidocain oder Prilocain erhöhen das Risiko einer Blutstörung (Methämoglobinämie).
  • Alkoholhaltige Lösungen können über die Haut aufgenommen werden und bei Säuglingen Leber oder Gehirn schädigen.
  • Insektenschutzmittel mit DEET sind für Kinder ungeeignet, da sie Nervenschäden verursachen können.
  • Duftstoffe und Wollwachsalkohole in Pflegeprodukten können Allergien und Hautreizungen auslösen.
  • UV-Filter wie Octocrylen oder EHMC ziehen in die Haut ein und könnten hormonähnliche Wirkungen haben. Passender sind mineralische Sonnenschutzmittel mit Zinkoxid oder Titandioxid.

 

Sanfte Pflege für Kinderhaut

Kinderhaut benötigt keine komplizierte Pflege. Eine einfache, reizstoffarme Hautpflege ohne unnötige Zusatzstoffe ist die beste Wahl. Lassen Sie sich in der Apotheke beraten, um sicherzugehen, welche Produkte wirklich unbedenklich sind.

 

Die richtige Darreichungsform macht den Unterschied

Nicht nur Wirkstoff und Dosierung, sondern auch die Darreichungsform spielt bei Kindern eine entscheidende Rolle. Tabletten und Kapseln sind oft ungeeignet, da sie schwer geschluckt werden und es dabei sogar zur Erstickungsgefahr kommen kann. Zudem lassen sich feste Arzneiformen nur schwer individuell dosieren, was besonders bei jüngeren Kindern problematisch ist.

Flüssige Medikamente wie Säfte oder Tropfen sind meist die bessere Wahl, da sie einfacher einzunehmen sind und eine genauere Dosierung ermöglichen. Allerdings enthalten viele dieser Lösungen Alkohol als Konservierungsmittel oder zur besseren Löslichkeit des Wirkstoffs. Der kindliche Stoffwechsel baut Alkohol jedoch langsamer ab als der eines Erwachsenen, sodass selbst kleine Mengen problematisch sein können. Hier sind alkoholfreie Alternativen oder kindgerechte Dosierungen besonders wichtig. Auch Zäpfchen können eine gute Option sein, vor allem wenn das Kind erbricht oder nichts schlucken kann.

 

Gefahren minimieren dank sicherer Aufbewahrung

Kinder sind neugierig und erkennen die Gefahren von Arzneimitteln oft nicht. Für Sie ist es vielleicht ein wichtiges Medikament gegen Schmerzen oder Bluthochdruck – für Ihr Kind sieht es aus wie eine harmlose Süßigkeit. Genau hier liegt die Gefahr: Schon eine einzige Tablette kann für ein Kind lebensgefährlich sein. Besonders Schmerzmittel wie Opioide, Blutdrucksenker oder Diabetesmedikamente können schwere Vergiftungen verursachen.

Der beste Schutz vor solchen Gefahren ist eine sorgfältige Aufbewahrung. Bewahren Sie Medikamente stets in einem verschlossenen Schrank oder Box auf – außerhalb der Reichweite Ihrer Kinder. Zudem sollten Sie regelmäßig den Bestand in der Hausapotheke überprüfen und abgelaufene Medikamente entsorgen. Bei Fragen zur sicheren Lagerung oder Anwendung wenden Sie sich an Ihre Apotheke. Dort hilft man Ihnen gern, die richtige Lösung zu finden.

 

Kinder richtig über Medikamente informieren: Wissen schützt vor Risiken

Erwachsene müssen wissen, welche Medikamente für Kinder gefährlich sind. Allerdings sollten auch ältere Kinder und Jugendliche über die Risiken informiert sein. Sie sollten verstehen: Arzneimittel nimmt man nur mit Erlaubnis der Eltern oder eines Arztes ein. Niemals aus Neugier oder weil es die Erwachsenen vormachen.

Dieses präventive Gespräch bietet sich besonders dann an, wenn ein Kind älter wird und beginnt, selbstständig Medikamente einzunehmen – sei es bei chronischen Erkrankungen oder gelegentlichen Beschwerden. Wichtig ist eine altersgerechte Erklärung: Welche Medikamente bergen Gefahren? Und was tun, wenn man versehentlich das falsche Arzneimittel einnimmt?

 

Falsche Medikation oder Dosierung? So handeln Eltern richtig

Hat Ihr Kind ein ungeeignetes Arzneimittel eingenommen oder eine falsche Dosis erhalten, ist schnelles und überlegtes Handeln gefragt.

  • Ruhe bewahren: Konzentrieren Sie sich darauf, die Lage ruhig und klar zu erfassen.
  • Vergiftungszentrale kontaktieren: Unter der bundesweiten Notrufnummer 19240 erhalten Sie fachkundige Anweisungen. Halten Sie, wenn möglich, den Namen des Medikaments und die eingenommene Menge bereit.
  • Symptome genau beobachten: Bei Anzeichen wie Übelkeit, Erbrechen, Benommenheit, Atemnot oder Krampfanfällen wählen Sie bitte sofort den Notruf 112.
  • Kein Erbrechen auslösen: Dies kann die Situation verschlimmern, besonders wenn ätzende oder schäumende Substanzen beteiligt sind.
  • Flüssigkeit anbieten, aber keine Milch: Wasser oder Tee sind in vielen Fällen unbedenklich, Milch kann jedoch die Aufnahme bestimmter Giftstoffe fördern.
  • Verpackung und Beipackzettel bereithalten: Ärzte und Notfallhelfer benötigen genaue Informationen zum Wirkstoff, um die beste Behandlung einzuleiten.

Im Zweifel gilt immer: Lieber einmal zu viel medizinischen Rat einholen als zu wenig!

 

Fazit

Eine gut ausgestattete Hausapotheke kann im Notfall sehr nützlich sein. Sie birgt aber auch Risiken – besonders für Kinder. Ihr Körper reagiert empfindlicher auf Medikamente. Selbst freiverkäufliche Wirkstoffe können in falscher Menge oder Anwendung ernsthafte Nebenwirkungen verursachen. Achten Sie daher genau auf die richtige Dosierung und halten Sie sich an die Anwendungshinweise.

Nehmen Sie Unsicherheiten ernst und fragen Sie im Zweifel einen Arzt oder Apotheker. Durch eine bewusste Auswahl passender Medikamente, eine sichere Aufbewahrung und eine altersgerechte Aufklärung lassen sich viele Risiken vermeiden. So sorgen Sie nicht nur für eine schnelle Hilfe im Krankheitsfall, sondern schützen auch die Gesundheit Ihres Kindes nachhaltig.

 

 

Quellen anzeigen

Jaffan-Kolb, Linda, und Harald Erdmann. Pädiatrische Dosistabellen: Dosierung kinderärztlich verordneter Arzneimittel. 15. Aufl., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2018.

 

www.tk.de, https://www.tk.de/resource/blob/2121446/b3a679ef9aad197e0b57c84a03c3c4bc/tk-report-kinder-und-arzneimittel-data.pdf. Zugegriffen 13. Februar 2025.

 

Kinderarzneimittel, Z. A. K. „ZAK® – Zugelassene Arzneimittel für Kinder“. ZAK Kinderarzneimittel, https://www.zak-kinderarzneimittel.de. Zugegriffen 13. Februar 2025.

 

„Diclofenac - Deutsche Apotheker Zeitung“. Deutsche-apotheker-zeitung.de, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/04/03/diclofenac. Zugegriffen 18. März 2025.

 

„Einige lokal angewendete Substanzen für Kinder ungeeignet“. Abda.de, https://www.abda.de/aktuelles-und-presse/pressemitteilungen/detail/einige-lokal-angewendete-substanzen-fuer-kinder-ungeeignet/?utm_source=chatgpt.com. Zugegriffen 6. März 2025.

Über die Autor:innen

Linda Künzig

Linda Künzig

Linda Künzig, Apothekerin mit Weiterbildungen im Bereich Homöopathie und Naturheilverfahren. Neben ihrer Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke unterstützt sie seit Mai 2019 die Apomio-Redaktion als freie Autorin.

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