Die Gebärmutter-Transplantation: Für wen kommt es in Frage?
In Deutschland betrifft die sogenannte uterine Infertilität etwa drei bis fünf Prozent aller Frauen. Außer durch Adoption oder einer in Deutschland verbotenen Leihmutterschaft ist es bislang unmöglich gewesen Kinder zu bekommen, wenn die Gebärmutter fehlgebildet oder gar nicht vorhanden ist. In Tübigen ist den Ärzten ein Durchbruch gelungen und zum ersten Mal ist eine Spendergebärmutter transplantiert worden. Wird die Gebärmutter-Transplantation bald zu einem Routineeingriff? Gibt es bald eine neue Hoffnung, sich den Kinderwunsch zu erfüllen? Wissenswertes im folgenden Beitrag.
Erstmals in Deutschland: Die Gebärmutter-Transplantation
An der Universitätsklinik Tübigen ist zum ersten Mal in Deutschland eine Gebärmuttertransplantation bei einer 23-jährigen Patientin, welche wegen einer angeborenen Fehlbildung unfruchtbar gewesen ist, durchgeführt worden. In einer mehrstündigen Operation - Angaben zufolge war hier auch ein Team des schwedischen Gynäkologen Mats Brännström vom Universitätsklinikum Göteborg beteiligt - ist das Spenderorgan ohne Auftreten von Komplikationen verpflanzt worden. Im Universitätklinikum Göteborg in Schweden hat Brännström bereits unter Beweis stellen können, dass der Eingriff einer Gebärmuttertransplantation machbar ist und auf diesem Wege möglich ist, gesunde Kinder zur Welt zu bringen: im Jahr 2014 brachte zum ersten Mal weltweit eine Frau mit einer gespendeten Gebärmutter ein gesundes Baby zur Welt. Das Universitätsklinikum Tübingen habe sich mehrere Jahre auf den Eingriff vorbereitet und diesen geplant. Anfangs trat die Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin einer Gebärmuttertransplantation zunächst mit Skepsis entgegen und hatte diese abgelehnt – die Skepsis war allerdings nach den Erfolgen in Schweden abgelegt worden und dem Eingriff in Deutschland wurde zugestimmt.
Was versteht man unter einer uterinen Infertilität?
Streng genommen darf der Begriff „Infertilität“ nur im Zusammenhang mit wiederholten Fehlgeburten gebraucht werden. Die Frau kann zwar empfangen, aber kann das Kind nicht austragen, wodurch die Schwangerschaft vorzeitig endet. In Deutschland sind etwa 15 Prozent der Paare ungewollt kinderlos; die ungewollte Kinderlosigkeit kann zu 40 Prozent durch eine Unfruchtbarkeit der Frau bedingt sein. Das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom, ein Syndrom, bei dem Mädchen ohne Vagina, Muttermund und Gebärmutter zur Welt kommen – eine von 5000 Frauen ist davon betroffen – erweist sich der Wunsch eines Tages Kinder zu bekommen, als unmöglich; es besteht eine uterine Infertilität.
Welche Frauen kommen für eine Gebärmutter-Transplantation infrage?
Nach Angaben der Uniklinik Erlangen, welche sich ebenfalls auf die Transplantation von Gebärmuttern seit mehreren Jahren vorbereitet, kommt eine Gebärmutter-Transplantation für Frauen infrage, die eine genetische Veränderung haben und eine zu kleine Gebärmutter besitzen oder diese sogar von Geburt an ganz fehlt oder entfernt werden musste. Betroffen sind 5000 bis 10.000 Frauen und 500 bis 1000 Frauen, die durch eine Infektion, eine Erkrankung oder einen Unfall ihre Gebärmutter verloren haben. In Deutschland wird bei jeder sechsten Frau eine sogenannte Hysterektomie durchgeführt, bei welcher die Gebärmutter entfernt wird. Voraussetzung für die Frauen, die sich trotz allem den Kinderwunsch erfüllen möchten, ist lediglich, dass die Eierstöcke intakt sind und die Eileiter vorliegen. Die Empfängerinnen sollten zwischen 25 und maximal 40 Jahre alt sein, um für eine Gebärmutter-Transplantation infrage zu kommen.
Wer kann seine Gebärmutter spenden?
Bevorzugte Spender sind, den Angaben der Uniklinik Erlangen zufolge, lebende Verwandte, wie etwa die Mutter oder Schwester. Der Grund ist folgender: diese Art von Eingriff ist dadurch besser planbar. Im Rahmen einer Organspende kann es sich durchaus als schwierig erweisen, eine passende Gebärmutter zu finden, insbesondere da es sich hierbei um eine Langzeittherapie handelt, welche über einen sehr langen Zeitraum geplant und dann zeitlich optimal abgestimmt werden muss. Der Eingriff ist besser planbar als bei Organspenden von hirntoten Unfallopfern. Vor einer Transplantation findet nämlich für die Vorbereitung einer Schwangerschaft eine Laborbefruchtung einer Eizelle statt, welche dann im Anschluss – sofern das verpflanzte fremde Organ nicht abgestoßen wird und keinerlei Komplikationen bestehen – unmittelbar nach Einsetzen der Periode in die Gebärmutter implantiert. Trotz allem sollten derartige Organspenden von hirntoten Organspendern nicht außer Acht gelassen werden. Das Alter der gespendeten Gebärmutter ist hierbei egal. Denn im Vergleich zu den Eierstöcken spielt es keine Rolle, wie alt die Gebärmutter für das Kinderkriegen ist. Letztendlich sei die Gebärmutter nur ein Muskel, welcher auch in einem Alter von mehr als 40 Jahren durch Hormone in einen akzeptablen Zustand gebracht werden kann.
Wird die Gebärmutter-Transplantation bald zu einem Routine-Eingriff?
Wegen der Gefahr einer Abstoßung der transplantierten Gebärmutter durch das körpereigene Immunsystem ist es erforderlich, dass die werdende Mutter während der gesamten Schwangerschaft durch Spezialisten engmaschig überwacht wird, was mit monatelangen Krankenhaus-Aufenthalten verbunden sein kann. Mit Medikamenten, sogenannten Immunsupressiva, wird das Abwehrsystem des Körpers unterdrückt – diese Medikamenteneinnahme erfolgt nach jeder Organtransplantation. Die Uniklinik Erlangen würde nach erfolgreicher Transplantation, künstlicher Befruchtung und erfolgreicher Schwangerschaft, die Gebärmutter deshalb dann auch wieder entfernen wollen. Ein Lichtblick, wenn auch einer, welcher mit hohen Risiken der Abstoßung verbunden ist, ist dennoch gegeben: Frauen ohne eigene Gebärmutter können – zumindest theoretisch betrachtet – Kinder bekommen und auch selbst in die Welt setzen. Dank des medizinischen Fortschritts muss ein unerfüllter Kinderwunsch nicht mehr unerfüllt bleiben! Für den schwedischen Gynäkolohen Brännström ist übrigens der Meinung, dass dieses Verfahren nur eine Zwischenstation darstellt und seine Vision die folgende ist: Eine Gebärmutter aus den eigenen Zellen der Patientinnen zu züchten – bei der Entstehung einer Vagina ist dies jedenfalls schon gelungen. Der Vorteil gegenüber einer Gebärmutter-Transplantation: Kein Risiko für Spenderinnen und keine Unterdrückung des Immunsystems bei den Empfängerinnen. Was die Medizin in Zukunft bringen wird, bleibt abzuwarten.
Über die Autor:innen
J. Ehresmann
Die ausgebildete Operations-Technische Assistentin hat nach ihrer dreijährigen Ausbildung eine Weiterbildung zur Chirurgisch-Technischen Assistentin in der Allgemein- und Visceralchirurgie in Köln absolviert. Inzwischen blickt sie auf eine mehrjährige Erfahrung in der OP-Assistenz in diesem Fachgebiet zurück. Neben ihrer Tätigkeit im OP studiert Frau Ehresmann Humanmedizin in einem Modellstudiengang in Aachen.
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